Berlin im SGE-Kosmos

Vielfalt in Berlin: Die Retro des seit gestern laufenden 11. Pornfilmfestivals Berlin blickt in die 70er Jahre und zeigt „düstere Subkulturfilme“, „prunkvolle Melodramen“, „weirde Komödien“, aber auch ein „niederträchtiges Monument der Rape Culture“. Und dann noch eine Slapstickkomödie von Siggi Götz – die eine mit den „ungebrochen fröhlichen Agentinnen der Lebensfreude“.

Filmdienst

Eckhard Schmidt (Jahrgang 1938) erzählte vor bald 20 Jahren in einem Gespräch mit der Kinozeitschrift 24 über seine frühe Suche nach cineastischer Orientierung: „Am meisten hat mich in den Filmen die Erotik gereizt und da war der Filmdienst eine gute Hilfe: Die Filme, die man sich immer angeschaut hat, waren die, die mit zwei E bewertet wurden, d.h. ‚für Erwachsene mit erheblichen Einschränkungen’ – da gab’s also nackte Weiber. Drei E war auch in Ordnung, obwohl es da um moralische Kriterien ging, die mich nie interessiert haben. Vier E war ganz schlecht, das bedeutete, es sind religiöse Anschauungen verletzt worden.“ Schon längst hat das Organ der „Katholischen Filmkommission für Deutschland“ seinen Bewertungskatalog abgelegt und sich vom katholischen Dogma emanzipiert… Daß nun aber die älteste Filmzeitschrift Deutschlands, die seit 1948 lückenlos jeden hierzulande verleihmäßig gestarteten Film einer Sichtung unterzogen hat, seine Printausgabe einstellen wird, wer will das gutheißen?

Filmbuch des Jahres

Wir haben ja schon ein paarmal darauf hingewiesen: Eine bemerkenswerte, von Olaf Möller ausgeheckte Reihe über das Kino der Adenauer-Ära mit dem Titel Geliebt und verdrängt lief auf dem diesjährigen Festival von Locarno. Bis Ende dieses Monats noch spielt das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt eine Auswahl dieser Reihe nach, „ergänzt um eine große Zahl weiterer entdeckungswürdiger Werke“. Eine zusätzliche Ergänzung ist die vom Deutschen Filminstitut herausgegebene Publikation, an der auch viele SGE-Autoren beteiligt sind. Allen voran Christoph Huber, der sich darin, wie im aktuellen SGE (Simmel & Siodmak) angekündigt, den Trivialliteraturverfilmungen dieser Zeit annimmt. Rainer Knepperges schreibt unter der Überschrift „Mamas Kino lebt“ über ein paar beeindruckende Schauspielerinnen dieser Dekade (darunter sind natürlich auch SGE-Glamour-Girls). Gleichsam das Gegenstück dazu liefert Dominik Graf, der Männerbilder und ihre Darstellungsform in Erinnerung ruft. Rolf Aurich und Wolfgang Jacobsen erinnern an unbekannte (oder unbekannt gebliebene) „Gestalter nützlicher Bilder“. Das Buch beleuchtet einzelne Regisseure, einzelne Genres und einzelne Filme und belegt in mehreren Kapiteln, daß das deutsche Kino damals durchaus auch international gewirkt hat. Im nächsten SigiGötz-Entertainment lassen wir uns ausführlich darauf ein.

Im Kino

„Gewiss ist er nicht so groß wie das HEIMAT-Epos von Edgar Reitz. Aber der Kölner Westend-Zyklus von Markus Mischkowski und Kai Maria Steinkühler ist einzigartig im deutschen Kino.“ (Hans Schifferle, epd-Film) Heute startet Teil 8 WEISSE RITTER in ausgewählten Lichtspielhäusern, eines davon ist das Werkstattkino, wo die Filmmemacher diesen Samstag auch anwesend sein, und die rasenden SGE-Reporter vorbeischauen werden.

Artist in Focus: Roy Black

Roy Black mit Lex Barker (WENN DU BEI MIR BIST) © Lisa FilmVor 25 Jahren starb „Vorstadtrocker“, Schlagerstar und Schauspieler Roy Black. Seine Heimatstadt Bobingen veranstaltet dieses Wochenende eine riesige Gala. Und Servus-TV zeigt morgen um 20:15 Uhr ROY BLACK – EINE LEGENDE. UNVERGESSEN von Otto Retzer. Retzer, der mit Roy Black zahlreiche Filmprojekte für die Lisa-Film verwirklicht hat, begibt sich in diesem Portrait tief in den SGE-Kosmos, „auf eine Reise durch emotionale Erinnerungen und befragt Freunde, Wegbegleiter und Zeitzeugen Roy Blacks, wie Thomas Gottschalk, Uschi Glas, Dagmar Koller, Ottfried Fischer und Roland Kaiser.“ Vor drei Tagen übrigens wurde im Schloßhotel Velden am Wörthersee (wo auch die Premiere gefeiert wurde) eine „Roy Black Suite“ eingeweiht, die man für 1045 Euro pro Nacht mieten kann (inkl. Erinnerungsstücke). Foto: Lisa-Film

Neues von Ingrid Steeger

Ingrid Steeger (ICH – EIN GROUPIE) zieht es von München nach Frankfurt, wo sie mit ihrer „wahnsinnig sympathischen“ Freundin Manu ein Transenlokal aufmachen will. Dafür braucht sie noch einen Koch und sie ist auf der Suche nach einem Appartement. Weitere Infos hier.

Festival der Woche

SIXTY SIX von Lewis Kahr„Daß einem erst mal Sehen und Hören vergehen sollte, damit man den Blick frei kriegt für kühne und beflügelte Gedanken“ (Fritz Göttler, SZ), das lehrt uns das heute beginnende elfte Underdox-Festival. Zur Eröffnung läuft das Kompilationswerk SIXTY SIX von Lewis Kahr, ein „hypnotischer ‚dreamscape‘ der Popgeschichte der 1960er und 1970er Jahre, der in Collagen- und Cut-up-Technik archäologische Schichten des amerikanischen Unterbewußten freilegt.“ Am Sonntag laufen Sachen von SGE-Glamour-Boy Marquard Bohm.