Zeitgeist, teuflisch

Pardon  Juni 1970

Für alle, die sich gerade in der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main aufhalten: Das Caricatura-Museum zeigt 60 Jahre nach dem Erscheinen der ersten Pardon-Ausgabe die Jubiläumsausstellung Teuflische Jahre. Auf vier Ebenen und über 15 Stationen kann man schön portioniert nachverfolgen, wie sich die „deutsche satirische Monatsschrift“ zum „Zeitgeistmagazin des Aufbegehrens gegen den Muff der Adenauerzeit“ entwickelte, sich laufend gegen die Verbots- und Zensurbemühungen der klerikalen Sittenwächter behaupten mußte, wie sich hier die Zeichner der „Neuen Frankfurter Schule“ zusammenfanden und wie die Schrift mit seiner Hinwendung zu New-Age-Themen in den 70er Jahren langsam bedeutungslos wurde. Vermißt haben wir ein Kapitel über SGE-Glamour-Girl Andrea Rau, das als Covergirl und mit den Anita-Bildergeschichten ihren Anteil an der heute unvorstellbar hohen Auflage hatte (zeitweise über 300 000 Exemplare).

Die Magie von Hand, Schrift und Papier

„Der Zauber und die Macht, ja Gewalt, die in der künstlerischen Darstellung vom Lesen und Schreiben anschaulich werden, bilden ein sehr spezielles Genre.“ Das Kölner Wallraf-Richartz-Museum zeigt zu diesem speziellen Genre nun Bilder aus der hauseigenen graphischen Sammlung. Die Kabinettausstellung Bann und Befreiung – Über Lesen und Schreiben wurde vom Schauspieler, Schriftsteller, Fotografen, Dramaturgen, Essayisten und SGE-Favoriten Hanns Zischler kuratiert, und wir können sie allen Lesern, die sich noch bis Januar 2023 im Raum Köln aufhalten, empfehlen.

Ralf Wolter †

Er war sich für gar nichts zu schade. Klar, daß man ihn auch in etlichen Lisa-Filmen sehen konnte. In PIRATENSENDER POWERPLAY (Siggi Götz) spielte er den Programmdirektor und in GRAF DRACULA (BEISST JETZT) IN OBERBAYERN (Carl Schenkel) war er als Draculas Erfüllungsgehilfe Boris dabei. Nun ist Ralf Wolter, der sich früher oder später auch bei unseren SGE-Character-Actors  wiederfinden wird, im Alter von 95 Jahren gestorben.

Dreigenerationenprojekt

Ein im wahrsten Sinne des Wortes vielschichtiges Buch wollen wir unseren Lesern nahelegen: Blaues Blut – Remix, ein „Dreigenerationenprojekt“ des Regisseurs und Produzenten Veith von Fürstenberg (dessen Debüt EIN BISSCHEN LIEBE wir vor kurzem im Theatiner wiederentdeckt haben), in dem der Autor die Aufzeichnungen seines Vaters und seines Großvaters verarbeitet. Vater Leo war ein Abenteurer, der in den dreißiger Jahren in New York gelebt hat, mit dem Schoner So Fong durch Ostasien gereist ist und nach dem Krieg im diplomatischen Dienst als Botschafter der Bundesrepublik auf den Philippinen tätig war. Großvater Friedrich war als oberschlesischer Gutsbesitzer ein passionierter Jäger, der sein Anwesen in Kopanina krisenfest durch die Zeiten brachte und 1944 als glühender Verehrer Hitlers starb. Veith von Fürstenberg stellt diese konträren Lebensläufe kapitelweise gegenüber, fungiert selbst als „Moderator, Rechercheur und gelegentlicher Kommentator“ und ergänzt die Kapitel noch assoziativ mit eigenen Erinnerungen und lässig gezeichneten Vignetten. Blaues Blut – eine autobiographische Collage, erschienen bei Zweitausendeins, unser Buchtip des Monats.

Modellbau von Freiheit

Wie alle Jahre empfehlen wir allen unseren Lesern, die sich im Raum München aufhalten, das heute beginnende Underdox-Festival. Artist in Focus ist diesmal der Künstler Harald Vogl, der am Samstag und am Sonntag im Filmmuseum seinen New-York-Zyklus vorstellt. Zum Höhepunkt erklären wir die Kurzfilmrolle am Dienstag im Werkstattkino. Da geben sich ganz viele SGE-Mitarbeiter ein Stelldichein.

SGE-Glamour-Girls heute

SGE-Glamour-Girl Ursula Andress ist verärgert. „Ich habe nie eine Anerkennung bekommen. Kein Danke, keinen Cent extra, nicht mal einen Strauß Blumen“, sagt das erste Bondgirl zum 60jährigen Jubiläum des ersten James-Bond-Films 007 JAGT DR. NO. Ein anderes SGE-Glamour-Girl feiert hingegen seine Wiederentdeckung: DROP OUT – NIPPELSUSE SCHLÄGT ZURÜCK von und mit Beatrice Manowski (Co-Regie: Wolfgang Büld) kommt jetzt nochmal und restauriert in die Kinos. Ein Film, „der in seiner Großspurigkeit im deutschen Kino Seltenheitswert hat“, sagt der Kritiker von critic.de.